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Landeck

 

Beschreibung
Burg Landeck erhebt sich in der Vorbergzone des Schwarzwalds, wenige Kilometer n von Emmendingen und Teningen. Schon der Name weist auf die markante Position der Burg auf einem kräftigen lößbedeckten Kalksteinsporn des Aspenwaldes hin, der nach S steil abfällt, während er in Richtung Schwarzwald mäßig zu der hügeligen Hochfläche von Freiamt ansteigt. Die Burg ist in großen Zügen als Ruine erhalten; sie zählt zu den wenigen wohlerhaltenen Ruinen des Breisgaus und gilt als »schönste aller breisgauischen Burgen« (Schlippe). Der kleine Ort um die Burg geht ebenfalls in die Zeit ihres Ursprungs zurück und gebot in älterer Zeit über eine eigene Gemarkung (zu 1300: stettelin, Hefele FrUB Bd. 2, Nr. 289, S. 362). Später gehörte Landeck dann zu Köndringen, und seit der Gemeindereform bildet es zusammen mit Köndringen einen Ortsteil von Teningen.
  Ein mächtiger Halsgraben, durch den heute die Straße führt, schneidet die langgestreckte, rund 110 m messende Burgruine im N von dem zum
  Schwarzwald hin ansteigenden Hang und einem deutlich ausgebildeten Lößplateau ab. Das ist nicht mehr der alte Verlauf des Weges nach Ottoschwanden, der ursprünglich am heutigen Gasthaus scharf nach N abbog und w der Burg verlief. Die Landeck wird durch einen flachen, wenig ausgeprägten Abschnittsgraben (Abb. 121) unterteilt in eine obere (A) und eine untere (auch: vordere) Burg (B). Den Graben säumen beidseits vergleichsweise schwache Ringmauerabschnitte der beiden Burgen. Aufgrund dieser Merkmale wurde vermutet, der Graben sei eher als Grenze denn als Verteidigungsanlage anzusehen; er stamme von einer bald nach der Errichtung der Landeck vorgenommenen Teilung (zu 1300: die bürge ze Landegge die oberun und die niderun, Hefele FrUB Bd. 2, Nr. 289, S. 362). Ungewiß bleibt, ob, und gegebenenfalls in welcher Weise, das n Lößplateau in die Burg und ihre Wehranlagen einbezogen war. Die repräsentative Befensterung des oberen Palas zeigt jedenfalls in Richtung

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120 TK25 Blatt 7812/7813 von 1993/1992 (Ausschnitt). Der Eintrag »Ruine« ist grau unterlegt.


 
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dieser exponierten N-Flanke. W des oberen Palas wird gewöhnlich ein »Turm« lokalisiert, der in spätmittelalterlichen Schriftquellen Erwähnung fand, von dem jedoch bislang keine baulichen Reste nachgewiesen sind (vgl. Hauptmann, Burgen Bd. 2, Skizze S. 32 und Wagner, Burgenführer, S. 90) Möglicherweise könnte damit einTorturm des oberen   Schlosses bezeichnet worden sein, vielleicht ist in der Urkunde aber auch von dem turmartigen oberen Palas selbst die Rede, an den einst offenbar weitere repräsentative Gebäude anschlössen. Denn 1394 bekennt der Ritter Hanmann Snewlin von Landeck, er habe einen Teil an seiner halben Feste zu Landeck seinem Vetter Heinrich von Wiesneck ver-

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121 Grundriß der Burg Landeck (aus: Wagner, Burgenführer, S. 91). A: obere Burg, B: untere/niedere Burg, C: mögliches Areal des stettelin im 13./14. Jh. 1: turmartiger Palas der oberen Burg, 2: Abschnittsgraben, 3: Toranlage, 4: Palas der unteren Burg, 5: Burgkapelle, 6: Schalenturm.


 
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setzt. Der solle auch das Recht haben, sine gefangenen in sinen [...] turne ze legende [...]. Des weiteren gebührten Heinrich aber weder an dem Turm noch an deme obern huse daby weitere Rechte (ZGO 5 (1854), S. 478). Vom 14. bis 16. Jh. war Landeck als Ganerbenburg unter mehreren Eigentümern aufgeteilt; die Disposition der Anlage und ihr Gebäudebestand zu jener Zeit ist - von den bestehenden Ruinen abgesehen - schwer kalkulierbar.
  Der Beschreibung ist vorauszuschicken, daß moderne Planaufnahmen, Bauarchäologie und Bauuntersuchungen fehlen. Vieles wird deshalb ungewiß und vorläufig bleiben müssen. Die n gelegene Ruine der »oberen Burg« besteht im wesentlichen aus einem mächtigen, turmartigen Palas (1) auf unregelmäßigem Grundriß, angepaßt an den Burgfelsen, und einer Ringmauer, die im O-Trakt noch bis zur Höhe des einstigen Wehrgangs aufrecht steht. Die Ringmauer bezieht drei Wände des Palas in ihren Verlauf mit ein und bildet einen geräumigen Hof vor dessen s Front. Mauerreste und Geländestufen deuten an, daß der Hof mehrfach unterteilt gewesen sein dürfte; über weitere Gebäude, die dort zweifellos anzunehmen sind, gelingen keine näheren Angaben. Die
 
  ursprüngliche Zugangslösung ist weder bei der oberen Burg noch beim oberen Palas sicher erkennbar. Heute erschließt eine »Kellertür« in der s Wand den Palas ebenerdig vom Burghof aus. Mauerreste an der W-Flanke könnten auf eine Wegerampe innerhalb eines Zwingers hinweisen, die dann den Zugang zum Hof der oberen Burg gebildet hätte. Doch dürfte es sich hierbei um eine sekundäre Zugangslösung zum oberen Teil der Ganerbenburg im späten Mittelalter handeln. Der aktuelle Zugang über eine Trep¬pe an dieser Stelle ist das Ergebnis moderner Erschließung der Ruine (Wagner, Burgenführer, S. 90 f.).
  Das Mauerwerk der oberen Burg ist in mehr oder minder regelmäßigen Schichten vorwiegend aus Bruchstein aufgeführt, an den Ecken des Palas findet sich eine wenig ausgeprägte Quaderung (Buntsandstein, wahrscheinlich aus Heimbach). Von dem über 20 m langen und knapp 10 m in der Breite messenden, durch seine Höhe und seine Position auf dem markanten Burgfelsen turmartig wirkenden Hauptgebäude blieb die ö Wand des Palas mit hohem Giebel über zwei Obergeschossen und einem Unterbau mit Erdgeschoß und

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122 Burg Landeck. Giebelseite des oberen Palas von SO (Foto BB, 2004).


 
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Keller fast vollständig erhalten (Abb. 122). Bei der Bauerrichtung wurde eine Felskluft im Bereich des Untergeschosses der N-Front mit einem (mittlerweile stark restaurierten) Entlastungsbogen überbrückt. Neben der gesamten O-Wand sind noch größere Teile von N- und S-Wand auf einer Länge von jeweils über 20 m erhalten. Am kräftigsten ausgebildet ist die nach außen, zum Graben hin, gerichtete N-Wand. Ihre Mauerstärke beträgt etwa 2,7 m, so daß sie gleichsam die Funktion einer Schildmauer mit übernahm. Sonst ist das Mauerwerk schwächer; die O-Wand mißt rund 1,6 m, die S-Wand wie die Ringmauer erreichen die halbe Stärke der N-Wand. Wie bei zahlreichen anderen Spornburgen richtete sich auch hier auf der Landeck die am stärksten bewehrte, repräsentative Flanke mit mächtiger Mauer und breitem Graben gegen die Bergseite. Die Wehrhaftigkeit des Turmes unterstreichen einige (jetzt teilweise vermauerte) Schartenfenster (Zettler/Dennig, S. 115 ff.).
  Im Erdgeschoß und in beiden Obergeschossen sind die meisten Tür- bzw. Fensteröffnungen noch ablesbar, wenngleich durch Restaurierung teils verunklärt. Bemerkenswert ist eine Tür in der S-Wand des ersten Obergeschosses, die
  ursprünglich auf den Wehrgang der ö Ringmauer führte. Außerdem zeichnen sich an der O-Wand des gleichen Stockwerks ein ehemaliger (Abort-) Erker und darunter ein vermauertes Schartenfenster ab (Abb. 122). Auch im Geschoß darüber und im Giebelfeld finden sich Schartenfenster. Die insgesamt wenigen späteren Veränderungen des ursprünglichen baulichen Bestandes hängen wohl mit der nachträglichen Einfügung einer weiteren großen Cheminee in die Giebelwand zusammen, welche die ursprünglichen Kamine der n Palaswand ergänzte (Wagner, Landeck, S. 13 ff.).
  Ein wenig ausgeprägter Graben, wahrscheinlich an der Stelle einer natürlichen Einsattelung, zwischen den beiden Ringmauern schied das obere vom niederen Schloß, welches seinerseits auf einer vor den Felsklotz der oberen Burg vorspringenden Geländeterrasse liegt. Die Reste einer Toranlage (3) an der nw Ecke der niederen Burg, unter denen Pfannensteine und ein Gesims aus Sandstein hervorzuheben sind, könnten das Tor zur Burg des 13. Jhs. markieren, falls diese tatsächlich ursprünglich eine Einheit gebil-
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123 Burg Landeck. Untere Burg vom Burghof (NW) aus gesehen. Links die Burgkapelle, rechts der untere Palas (Foto BB, 2005).

 
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det haben sollte. Auch bei der unteren Burgruine (B) scheint der Palas (4) das beherr¬schende Bauelement darzustellen. In der dem Grundriß nach ungefähr dreieckigen Anlage nahm er die ö Flanke zum Steilabfall hin ein. Seine O-Wand folgt der Geländekante, der Grundriß ist unregelmäßig, nähert sich aber einem Rechteck an. Die Mauern erreichen nicht die Stärke derjenigen im oberen Schloß, doch ist auch hier die nach außen gekehrte O-Wand am kräftigsten ausgebildet. Seine größte Pracht entfaltete der untere Palas mit der Fassade zum Burghof hin (Abb. 123). Der im Vergleich mit der Oberburg größere Bau akzentuiert nicht wie jene die Höhe, sondern wirkt lagernd, weniger kompakt und klar gegliedert. In beiden Hauptgeschossen, die sich über einem Sockel- oder Kellergeschoß erheben, haben sich die Fensterfronten zum guten Teil erhalten, nur die Gewände fehlen; ein Fenster wurde rekonstruiert und wieder eingesetzt. Ein kräftiges Wulstgesims untergliedert die Hoffront und den Schalenturm (Chor der Kapelle) in der Horizontalen und unterstreicht den lagernden Charakter des Palas, der wie der obere mit drei aufwendigen Kaminen ausgestattet war.
  Auch bei der unteren Burg wurde das Mauerwerk in mehr oder minder regelmäßigen Schichten vorwiegend aus Bruchstein aufgeführt. Die zurückhaltende Eckquaderung (z. T. Buckelquader) und die bauplastischen Elemente zeigen Buntsandstein, vermutlich aus den Heimbacher Brüchen, die Fenster der gebogen verlaufenden ö Palasfront, in die auch eine Cheminée eingebaut ist, haben Sitznischen in der Wandstärke. Zwei weite¬re Kamine mit zum Teil erhaltenen Säulchen aus Buntsandstein finden sich an der n Giebelwand (Abb. 124), ebenso eine in die Mauerstärke integrierte Wendeltreppe (Schneck) zum Obergeschoß. Das Erdgeschoß des unteren Palas wurde offenbar durch ein Portal in der w Traufwand erschlossen. Eine weitere Tür an der s Abbruchkante der Längswand öffnete sich vom Obergeschoß auf eine Galerie, die zum Wehrgang auf dem s Trakt der Ringmauer führte. Den Zugang zum Kellergeschoß des Palas ermöglicht ein Gang von N her unter der Burgkapelle hindurch. Diese schließt n an den Palas an und bildet einen Querriegel, der nach O und W vor dessen
  Fluchten vorspringt - ein in der Pfalzen- und Burgenarchitektur des Hochmittelalters geläufiges Motiv. Ein geräumiger Burghof war diesem Gebäudekomplex w vorgelagert; von der Ringmauer und den - zweifellos einst vorhandenen - Nebengebäuden finden sich nur noch geringe Spuren.
Jüngsten Beobachtungen zufolge ist der Palas der niederen Burg an einen schon bestehenden Baukörper angefügt worden. Dieser hat sich teilweise in der Kapelle (5) erhalten. Der nach O gerichtete Chor mit seinem Kreuzrippengewölbe erscheint nachträglich in einen eckigen Flankierungsturm eingebaut, dessen nw innere Ecke sich über dem Rest der Ringmauer noch in Gestalt einiger Buckelquader abzeichnet. Einer weiteren Bauetappe gehört der nach W zum Hof hin angefügte Hauptraum der Kapelle an. Allerdings bleibt offen, ob dieser Raum von Anfang an als Kapelle diente. Erst in einer dritten Bauetappe wäre dann, den jüngsten Untersuchungen zufolge, der untere Palas errichtet und in einer vierten Phase der zu diesem gehörige, vormalige Wehrturm mit dem hohen gotischen Chor-
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124 Burg Landeck. Unterer Palas mit Kaminen von SW (Foto BB, 2004).

 
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125 Burg Landeck. Chorraum der Burgkapelle mit gotischem Chorbogen und dem Ansatz des Kreuz-rippengewölbes (Foto BB, 2005).
  Münster. Wie schon erwähnt, war die Anordnung von Palas und Kapelle auf einer Achse ein häufiger zu beobachtendes Konzept im mittelalterlichen Burgenbau, das in der Pfalzenarchitektur wurzelt. Türöffnungen von zwei Ebenen des Palas und vom Burghof her ermöglichten den Zugang zu der Burgkapelle, die mit ihrer anzunehmenden Doppelgeschossigkeit in guter Tradition hochmittelalterlicher Pfalz- und Burgkapellen steht (vgl. Stevens). Sie zählt zu den ganz wenigen hervorragenden Monumenten ihrer Art am Oberrhein.
  Zwischen Kapelle und Ringmauer befand sich noch ein weiteres, wohl später hinzugekommenes Gebäude unbekannter Funktion, von dem sich nur spärliche Reste erhalten haben. Dasselbe gilt für ein Gebäude im w Bereich des Burghofs. Von ihm blieben Teile eines wenig sorgfältig ausgeführten Mauertraktes erhalten; in der Literatur wird angenommen, es habe sich um eine Scheune oder Stallung gehandelt. Wieviel von den aufwendigen Stützmauern und -pfeilern an der W-Flanke der niederen Burg bereits zusammen mit den Palas-Gebäuden im 13. Jh. angebracht wurde, muß offenbleiben. W vor der unteren Burg erstreckt sich eine Art Vorburg, deren Ummauerung mit einen Schalenturm (6) aus dem 15. Jh. bewehrt ist. In diesem Areal wird auch der bislang nicht lokalisierte Brunnen der Burg gesucht. Von dem für das 13./14. Jh. bezeugten stettelin dürften schließlich die ausgedehnten Terrassen am W-Hang des Burgbergs (C) und Mauerreste in der Straßenböschung s der Burg stammen.
  Im ganzen betrachtet übernahm im baulichen Ensemble der Landeck das obere Schloß mit seinem dominierenden und hoch aufragenden Palas sozusagen auch die Funktion eines Wehrturms, während das untere Schloß, das wohnlicher und komfortabler angelegt war, für das Gesamtbild der Burg, aus der Ferne betrachtet, eine eher untergeordnete Rolle spielte. Von nahem allerdings erweist sich die niedere Burg als das eigentliche Juwel der Landeck. Im unteren Palas klingt noch die staufische Blütezeit oberrheinischen Burgenbaus nach, und die Burgkapelle zählt zu den schönsten erhaltenen Monumenten ihrer Art. Was die bauliche Ausformung und Ausstattung im Innern betrifft, halten beide Schlösser trotz ihres unterschiedlichen Charakters ein etwa gleiches, hohes Niveau und ähnli-
bogen und einem Kreuzrippengewölbe als Chor und Sanktuarium der Kapelle ausgestaltet worden (Abb. 125; Wagner, Burgenführer, S. 90 f.; Ders., Landeck, S. 15-19). Auch wenn diese Beobachtungen noch nicht anhand eines detaillierten Baualtersplanes verifiziert und nachvollzogen werden können, ist doch soviel festzuhalten: Die bestehenden Bauten scheinen auf der Grundlage eines Vorgängers errichtet worden zu sein, und der Palas gehört einer älteren Bauetappe an als die reiche Innenausstattung der Burgkapelle mit ihren qualitätvollen Konsolfiguren und der verzierten Sakramentsnische. Das schwere Kreuzrippengewölbe steht den älteren Abschnitten der Kenzinger Stadtkirche nahe; es ruht auf Kämpferplatten über grotesken Konsolfiguren. Dem Stil nach gehören diese Atlanten in die Zeit um 1300, und sie zeigen Verwandtschaft mit dem Werk des Ecclesia-Meisters im Straßburger  

 
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ehe Qualität. Einerseits hat der obere Palas ebenso wie der untere nicht weniger als drei zum Teil anspruchsvoll gestaltete, repräsentative Cheminées. Andererseits unterstreichen Schartenfenster wiederum die Wehrhaftigkeit der Oberburg gegenüber der prononcierten höfischen Eleganz der unteren.
  In ihrem Beitrag zum Burgenbau der Geroldsecker im 13. Jh. weisen Ritter und Knappe zurecht auf Berührungspunkte zwischen den zentralen Burgen dieses in der Geschichte des Oberrheins so bedeutenden Adelshauses hin. Der »hohe Mantel« der Hohengeroldseck finde seine Entsprechung in der hohen Ringmauer der oberen Landeck; dies sei ein unverkennbares Merkmal geroldseckischer Burgenarchitektur, und die Verwendung von Buckelquadern sowohl in Landeck wie auch in Lahr und auf der Hohengeroldseck sei als »bewußte Architekturgestaltung« der Geroldsecker zu verstehen. Gleichwohl scheint es kaum gerechtfertigt, mit Ritter und Knappe geradewegs von einem »geroldseckischen Burgentyp« zu sprechen und weiter zu folgern, die Geroldsecker hätten als einziges südwestdeutsches Adelsgeschlecht einen eigenen Burgentyp entwickelt (Ritter/Knappe, S. 17-43). Wahrscheinlich sind sämtliche noch als Ruinen bestehenden Bauten auf Landeck in geringem zeitlichem Abstand während der zweiten Hälfte des 13.Jhs. errichtet worden (anders: Wagner, Burgenführer, S. 90: »um 1250«). Die spärliche historische Uberlieferung läßt somit wenigstens den sicheren Schluß zu, daß sie auf die Geroldsecker zurückgehen und einer Zeitspanne entstammen, in der sich dieses weitverzweigte Adelshaus auch andernorts mit dem Bau von Burgen hervortat. Neben der erwähnten Hohengeroldseck und Lahr ist vor allem noch Albeck über Sulz am Neckar zu nennen, seit der Erbteilung von 1277 Sitz der Linie Geroldseck-Sulz. Bei der Landeck sind die späteren baulichen Veränderungen am oberen Palas zweifellos den Snewlin zuzuschreiben, die seit um 1300 Burgherren auf Landeck waren. Unentschieden bleibt, ob der prachtvolle Ausbau der Burgkapelle um 1300 auf die einen oder die anderen Herren der Burg zurückzuführen ist, denn genau in dieser Zeit wechselte Landeck den Besitzer. Der Streit um die
 

 Landeck in diesen Jahren, besonders nach 1300, legt aber doch nahe, eher an die letzten Jahre des 13.Jhs. und damit an die Geroldsecker zu denken.
Die archäologischen Fundstücke von Landeck weisen auf eine Gründung der Burg in der Mitte des 13. Jhs. (Wagner, Burgenführer, S. 90).

TK25 7813; DGK 7812.21
 

Geschichte

Landeck wird historisch faßbar im mittleren 13. Jh. über einen D. advocatus in Landecke bzw. Dietrich, Vogt von Landecke. 1260 fun¬gierte Dietrich als Zeuge in einer von Graf Konrad von Freiburg gesiegelten Urkunde bezüglich eines Rechtsstreits um die Vogtei von Kloster Sölden (ZGO 9 (1858), S. 347), und 1279 erwarb derselbe Dietrich mit Erlaub-nis des Markgrafen Heinrich von Hachberg einen Acker bi Schadelandecke (HZB Bd. 5, S. 272 = GLA 24/47, 1279 Nov. 22; vgl. TG, S. 283, Sp. 662). Doch werfen diese ältesten Erwähnungen von Landeck (und Schadelandeck) zunächst mehr Fragen auf als sie beantworten.
Unklar sind Stellung und Funktion des Vogtes Dietrich. Im Tennenbacher Güterbuch, das allerdings erst einige Jahrzehnte nach Dietrichs Tod aufgezeichnet wurde, firmiert er ausdrücklich als Dienstmann der Herren von Geroldseck. Als solcher habe er, so heißt es, 1279 sein Rechtsgeschäft mit Billigung des Markgrafen Heinrich von Hachberg getätigt. Der Hachberger seinerseits darf als treuer und wichtigster Gefolgsmann König Rudolfs I. von Habsburg aus dem Breisgau gelten. Seit 1276 nannte sich Heinrich »Landrichter« im Breisgau, zweifellos aufgrund königlicher Weisung oder Privilegs, und 1279 bestätigte ihm das Hofgericht zu Wien, daß niemand in einer fremden Grafschaft eine Burg oder sonst eine Befestigung bauen dürfe ohne das Einverständnis des zuständigen Landgrafen. Dietrich wickelte also sein Geschäft mit dem Acker bei Schadelandeck auf jeden Fall unter Aufsicht und mit Billigung der entscheidenden Instanz, des Breisgauer Landgrafen, ab, während die Geroldsecker in der originalen Uberlieferung von 1279 dabei nicht mitwirkten, sondern erst in der sekundären Tradition des Tennenbacher Güterbuchs in diesem Zu-


 
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sammenhang erscheinen, andererseits aber bei der Teilung ihrer Herrschaft 1277, also zwei Jahre zuvor, tatsächlich Landeckhe und was darzu hoeret besitzen.
  Knapp zwanzig Jahre zuvor war Dietrich, »der Vogt von Landeck«, im Umkreis einer anderen politischen Autorität am Oberrhein, nämlich des Grafen Konrad I. von Freiburg, in Erscheinung getreten. In der Urkunde vom Jahr 1260 geht es um einen Entscheid des geistlichen Gerichts zu Besangon wegen Streitigkeiten zwischen dem Kloster Sölden und Heinrich von Dattingen. Graf Konrad, der den Gerichtsbescheid siegelte, beanspruchte damals, auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen während des Interregnums, sowohl die Landgrafschaft im Breisgau als auch die Vogtei der Klöster Sölden und St. Ulrich. Dietrich findet sich in dieser Urkunde als Zeuge in einer Reihe von Leuten, die als kirchliche Vögte ausgewiesen sind. So wird wohl auch in Dietrich selbst ein kirchlicher Amtsträger dieser Art zu erblicken sein, nämlich der Vogt (Gerichtsherr) über einen bedeutenden Güterkomplex der Abtei Schuttern in der Umgebung von Landeck im Breisgau, d. h. im Vierdörferwald von
Malterdingen, Köndringen, Mundingen und Heimbach.
    Die Vogtei des Klosters Schuttern gehörte zur Gründungsausstattung des Bistums Bamberg und war von Kaiser Heinrich II. Bertold, einem Vorfahren der Zähringer, übertragen worden. Sie verblieb beim Hause Zähringen bis zu dessen Erlöschen im Jahre 1218, um dann in den letzten Jahren der staufischen Herrschaft an die Tiersberger (Diersburger), Ahnen der Geroldsecker, überzugehen. 1238 regelte der Straßburger Bischof Bertold I. die Konditionen betreffend die Ausübung der nunmehrigen Kastvogtei Schuttern im Bereich der Ortenau, und Bischof Heinrich IV. (1263-1273) löste die diesbezüglichen Ansprüche des Bistums Bamberg mit 4000 Pfund ab, so daß Straßburg in der Folge als Oberlehnsherr der Vogtei gelten kann (Pillin, Straßburg, S. 6-14). Diese Regelungen betrafen im Kern jedenfalls die Schutterner Vogtei in der Ortenau, während die im peripheren Breisgau gelegenen Güter des Klosters während des Interregnums offenbar ein eigenes Schicksal nahmen und über Straßburg in geroldseckischen Eigenbesitz gelangten: »Rechte an der Schutterner Klostervogtei«
abb. 126 ansicht
126 Burgruine Landeck. Ansicht aus dem 19. Jh. (aus: Schmidt, S. 321).

 
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und die »Entfremdung von Klosterbesitz um Landeck« bildeten den Ansatzpunkt für die Herrschaftsbildung der Geroldsecker im n Breisgau (Bühler, S. 412).
  Die frühen Erwähnungen von Landecke und Schadelandecke in den Jahren 1260/1279 und die Frage nach dem Ursprung der Bur­gen in Landeck sind nun vor dem Hinter­grund der komplexen herrschaftlichen Ent­wicklungen am Oberrhein, wie sie eben kurz skizziert wurden, näher zu betrachten. In der Urkunde vom Jahr 1260 war für die ältere Forschung mit Landecke vor allem das obere Schloß bezeichnet, welches zu diesem Zeit­punkt erbaut worden sein soll. Dementspre­chend wurde die Erwähnung von Landecke 1279 auf die untere Burg bezogen. Im Jahr 1279 sei der Bau einer zweiten Burg, eben der niederen Burg, in Angriff genommen worden, weil die Herrschaft Landeck nach dem Tod des älteren Walter von Geroldseck 1277 an dessen Enkel Walter und Heinrich fiel und beide eine Burg benötigten (Quelle: Zettler/ Dennig, S. 118, Nr. 4). Der Erwerb eines Ackers bei Schadelandeck seitens des Vogtes Dietrich füge sich gut in dieses Bild, denn der Acker sei als Baugrund für die niedere Burg vorgesehen worden. Demzufolge müsse die obere Burg damals noch »Schadelandeck« ge­heißen haben (vgl. Wagner, Landeck, S. 11 f.).
   Dieser Auffassung widersprach M. Well­mer, indem er dagegenhielt, der Vogt Dietrich sei nach »Landeck« und nicht nach »Schade­landeck« benannt worden. Dietrich habe den Acker bi Schadelandecke, im Bereich des Vierdörferwaldes, welcher seit alter Zeit zur Allmende der Dörfer Köndringen, Malter­dingen, Mundingen und Heimbach gehörte, gewissermaßen im Auftrag seiner Geroldsek-ker Herren zum Zweck der Errichtung von Burg Landeck erworben. Denn bis zu diesem Datum habe am Platz der Ruine noch keine Burg bestanden, vielmehr sei die ältere Burg Landeck, nach der sich der Vogt Dietrich zu­benannte, an einem anderen Ort zu suchen. Weitere Argumente Wellmers für die These vom Bau der Burg 1279 auf dem eben erwor­benen Acker waren vor allem folgende: Der Zeitpunkt 1279 könne deshalb so genau an­gegeben werden, weil in eben jenem Jahr das Hofgericht zu Wien dem Grafen Heinrich von Hachberg, der damals Landgraf im Breis­-
 
gau war, urkundlich bestätigte, daß niemand in einer fremden Grafschaft eine Burg oder sonst eine Befestigung bauen dürfe ohne das Einverständnis des zuständigen Landgrafen. Für die Herren von Geroldseck sei nämlich der Breisgau eine fremde Grafschaft gewesen, und daher hätte sich die Wiener Bestätigung gegen den Neubau der Landeck gerichtet, wä­re also sozusagen aus aktuellem Anlaß, wegen einer Breisgauer Affaire, erfolgt. Ein zusätzli­ches Indiz, daß die beiden Burgen, die obere und niedere Burg, 1279 noch nicht bestanden hätten, fand Wellmer in einer Notiz des Ten­nenbacher Güterbuchs, in der nur von einem castrum Landeck die Rede sei und nicht zwi­schen zwei Burgen unterschieden werde (TG, S. 283, Sp. 662; Wellmer, Landeck, S. 38-54).
   Dennoch war Wellmer überzeugt, daß auch schon vor 1279 eine Burg Landeck bestanden habe, auf welcher der Vogt Dietrich residierte, nur nicht am gleichen Ort. Diese sei bezeugt in den folgenden Notizen des Tennenbacher Güterbuches (die sich dort allerdings unter der Rubrik Mundingen finden): Item in dem burgstal 1/2 iuger iuxta viam silve que ducit in Kunringen (TG, S. 372, Sp. 873), und: Item hi der alten bürg 1/2 iuger iuxta viam silve que ducit in Kunringen (TG, S. 373, Sp. 874). In dem Weg bei der alten Burg sei der »mög­licherweise schon alte Holzabfuhrweg« der Köndringer aus dem Vierdörferwald zu se­hen, der n von Landeck entlang der Mundin­ger Gemarkungsgrenze den Wald verläßt und sw nach Köndringen führt. Tatsächlich erhebt sich s des heutigen Holzabfuhrweges, »neben dem Waldweg, der nach Köndringen führt, im Gewann »Fuchsbug« ein Lößhügel, des­sen Kuppe eine ovale Fläche von 36 m x 28 m mißt und der ca. 10 bis 12 m die Umgebung überragt. Ein bis zu 10 m breiter Graben läuft um die halbe Kuppe herum« (Wellmer, Landeck, S. 43). Diesen Hügel in der Flur »Fuchsbug« deutete Wellmer als den im Ten­nenbacher Güterbuch erwähnten Burgstall, als Uberrest einer älteren Burg Landeck, auf der zunächst der Vogt Dietrich, nach der Erb­teilung im Hause Geroldseck 1277 aber auch noch die geroldseckischen Brüder Heinrich und Walter gesessen hätten. Mit dem Passus »Landeck und was dazugehört« in der Erb­teilung sei diese angebliche Burg »Alt-Landeck« im »Fuchsbug« gemeint 
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Wellmers Thesen erscheinen auf den ersten Blick plausibel. Doch fallen in der Beweiskette wichtige Glieder aus, die sich als nicht verifizierbar oder schlicht als falsch erweisen. Das gilt zuerst für das Lößplateau im »Fuchsbug« rund 500 m nw von Landeck, wo Wellmer »Alt-Landeck« lokalisieren will. Das Gelände in einem Waldstück trägt einen Flurnamen, der nicht auf eine abgegangene Burg hinweist, und H. Wagners sorgfältige Begehungen in den Jahren 1996 und 2000 »erbrachten keinerlei Fundmaterial, weder Mörtel, Steine noch Keramik, Holzkohle, verbrannten Lehm oder sonstige Besiedlungsanzeiger. Durch den Orkan »Lothar« im Dezember 1999 waren ein halbes Dutzend Bäume auf dem Plateau sowie ein gutes weiteres halbes Dutzend im Bereich des >Grabens< und des n Vorgeländes entwurzelt worden. Es zeigte sich nur fundleerer Löß, überdeckt von einer dünnen Waldhumusschicht. Einige Tierbauten und Schleifrinnen erlaubten weitere Einblicke mit demselben Ergebnis. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit läßt sich inzwischen ausschließen, daß es sich hier um eine echte, das heißt dauerhaft besiedelte Burgstelle handelt. Das Lößplateau wurde offensichtlich durch die   zahlreichen Hohlwege herausmodelliert. Eine kleinere geologische Verwerfungslinie läuft von NW nach SO streichend hinter dem Hügel durch und erklärt wohl die Einsattelung im O des Lößplateaus. Aufgrund des Bodenaufbaus und des Fehlens von Funden sowie wegen der zahlreichen Hohlwege ist anzunehmen, daß dieses Gelände jahrhundertelang nicht gerodet und auch nie intensiver landwirtschaftlich genutzt war« (Wagner, Landeck, S. 11).
  Auch die von Wellmer herangezogenen Notizen im Tennenbacher Güterbuch, die von einem »Burgstall« bzw. von einer »alten Burg« sprechen, können weder auf das Lößplateau im »Fuchsbug« bezogen, noch überhaupt als Beleg für eine ältere Vorgängeranlage der Landeck herangezogen werden. Der Vermerk Item in dem burgstal 1/2 iuger iuxta viam silve, que ducit in Kunringen und das zweimal vorkommende Item bi der alten bürg stehen im Güterbuch zwar unter der Rubrik »Mundingen«, sind jedoch lediglich als prä-
abb. 127 burg landeck
127 Burg Landeck von SO um 1950 (LDA, Aufnahme: Gebr. Metz, Tübingen]

 
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gnanter Bezugspunkt zu verstehen, wie auch dort die Burg Landeck mehrfach erwähnt wird (TG, S. 350, Sp. 835f.; S. 351, Sp. 837; S. 353, Sp. 840; S. 354, Sp. 841 f.; S. 358, Sp. 850; S. 360, Sp. 853; S. 361, Sp. 855). Die genannte alte burg/burgstall ist vielmehr auf die Flur »Alte Burg« zu beziehen, die auf einem Sporn im O-Teil der Köndringer Gemarkung liegt (→Nachbemerkung Köndringen im vorliegenden Band; →Köndringen).
  Ein älterer Versuch, diesen Burgbeleg über eine unter der Rubrik »Maleck« stehende Notiz des Tennenbacher Güterbuchs: Item uf der steingruben und uf burghalden 4 iugera nach Maleck zu verorten, ist hinfällig (TG, S. 332, Sp. 783; vgl. Zettler/Dennig, S. 112f.). Zwar liegt die alte burg/burgstall laut dem Verzeichnis an einem viam silve, auch witweg genannt, der wiederum an ein Gewann »Steingrube« stößt (→Nachbemerkung Köndringen im vorliegenden Band), jedoch kann eine Gleichsetzung der sowohl unter den Rubriken »Mundingen« als auch »Maleck« genannten »Steingrube« nicht erfolgen. So unterscheiden sich die als Anstößer genannten Personen für die jeweiligen Orte grundsätzlich. Für die Mundinger Steingrube werden ein Biderich und die Fischerbach genannt (TG, S. 359, Sp. 850; S. 373, Sp. 875; S. 374, Sp. 876), für die Malecker hingegen folgende Namen: Bertold Klosener, eine Loningerinen, ein Billung sowie Johannes und Wernher Scherer (TG, S. 332f., Sp. 783; S. 334, Sp. 785; S. 336, Sp. 789).
  Ferner fällt auf, daß sowohl für die Fischerbach als auch für Biderich im Tennenbacher Güterbuch überhaupt kein Besitz in Maleck verzeichnet ist. Dementsprechend wird es im 14. Jh. sowohl in Maleck als auch in Mundingen je ein gleichnamiges Gewann »Steingrube« gegeben haben, wovon allerdings nur noch das Toponym »Steingrube« in Mundingen zeugt (DGK 7812.21).
  Schließlich wurde in der älteren Forschung noch das eingangs erwähnte Lößplateau n der oberen Burg als Platz einer älteren Burgstelle in Landeck in Betracht gezogen. Wellmer hatte dort zunächst das 1300 erwähnte stettelin, das da lit vor der Burg ze Landegge, vermutet. Doch verwarf er diese These wieder und lokalisiert das stettelin zwischen den Gewannen »Fuchsbug« und »Vogelsang«.
   Auf dem Lößplateau sei statt dessen eine »Vorburg« anzunehmen (Wellmer, Landeck, S. 49ff.). Auch dieses muß mangels näherer Anhaltspunkte dahingestellt bleiben. Es ist somit von der Frühgeschichte der Burg Landeck kein klares Bild zu gewinnen. Vor allem bleibt offen, ob die in den Jahren um 1300 erstmals ausdrücklich bezeugte und damals auch schon in eine obere und eine niedere Burg gegliederte Landeck einen Vorgänger hatte, und - gegebenenfalls - wann, wo und von wem ein solcher errichtet worden sein könnte. Sicher ist lediglich, daß die alte burg/burgstall nicht als Zeugnis für einen solchen Bau gelten kann.
  Nun bietet die historische ebenso wie die monumentale Uberlieferung einige gewichtige Anhaltspunkte für mindestens eine ältere Phase der heute bestehenden Bauten auf Landeck. Vor allem beim unteren Palas waren ältere Bauetappen aufgefallen, und nahe des oberen wird im 14. Jh. ein Turm erwähnt, der mittlerweile anscheinend spurlos verschwunden ist (siehe oben). Und bei der schriftlichen Uberlieferung läßt vor allem die Erwähnung von »Schadelandeck« aufhorchen, aber auch die Nachricht über eine Belagerung der Landeck seitens des Grafen und der Städter von Freiburg im Jahre 1298, deren Grund nicht unmittelbar erkennbar ist (Castrum Lanteke comes Fryburgensis atque cives pariter obse-derunt, Annales Colmarienses maiores, MGH SS Bd. 17, S. 224). Außerdem war oben schon deutlich geworden, daß es selbst zum Alter und zur Abfolge der bestehenden Ruinen höchst unterschiedliche Ansichten gibt.
  Aus historisch-vergleichender Sicht konzentriert sich das Interesse an Burg Landeck und ihrem Ursprung auf die Periode des Interregnums (1245-1273). Denn in dieser Zeit versuchten die Fürsten und Dynasten auch am Oberrhein, ihre Herrschaft durch Aneignung des herrenlos gewordenen staufischen Reichsgutes zu erweitern und ihre Positionen auszubauen bzw. durch Burgen zu besetzen und zu markieren. Im n Breisgau sind neben den geistlichen Fürsten von Basel und Straßburg insbesondere die Markgrafen von Baden und Hachberg, die Grafen von Freiburg und von Habsburg, die Geroldsecker und die Üsenberger zu nennen, die in wechselnden Bündnissen mit- und gegeneinander

 
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sind jedoch zweifellos im wesentlichen den Geroldseckern zuzuordnen, während einige nachträglich angebrachte Elemente wie beispielsweise Fenster und Kamine von den Snewlin stammen dürften, die in den Jahren nach 1300 in den Besitz der Landeck kamen. Angesichts der vergleichsweise peripheren Lage der Landeck in der geroldseckischen Herrschaft werfen die beträchtlichen Investitionen des Hauses Geroldseck an diesem Ort, die nicht nur zwei prunkvolle Palasbauten umfaßten, sondern auch die oben beschriebene Ausgestaltung der im Breisgau einzigartigen Burgkapelle, die Frage nach dem historischen Hintergrund auf.
  Auch nach der Beilegung des Bellum Waltherianum stritten sich die Freiburger Grafen, die Geroldsecker und die Markgrafen von Hachberg weiter um die Vorherrschaft im Breisgau. Unter König Rudolf I. (1273-1291), mit dessen Wahl das Interregnum zu Ende ging, durften sich die Hachberger als Besit¬zer der Landgrafschaft bzw. der Landvogtei oder des Landrichteramtes betrachten, doch Rudolfs Nachfolger auf dem Thron, König Adolf von Nassau, bestellte offenbar den Geroldsecker Heinrich aus seiner Anhängerschaft zum Landvogt am ö Oberrhein und damit auch im Breisgau (Ellenhardi Chronicon, MGH SS Bd. 17, S. 135). Wenngleich unklar bleibt, ob dies 1293 oder erst 1296 geschah,
  so dürfte dieser Akt den Auftakt zum Ausbau der Landeck seitens der Geroldsecker, der nunmehrigen Herren im n Breisgau, gegeben haben. Die Grafen Egen und Heinrich von Freiburg konnten den nun mit neuer Kraft vorgetragenen geroldseckischen Ausgriff in die eigentlich von ihnen beanspruchte Machtsphäre nicht hindern, denn sie führten in jenen Jahren einen heftigen Krieg gegen Colmar und Graf Theobald von Pfirt, König Adolfs Landvogt im Elsaß. Erst nach dem Zusammenbruch der nassauischen Herrschaft infolge der Schlacht bei Göllheim in der Pfalz traten sie in Landeck wieder auf den Plan und belagerten die Burg mit Hilfe der Stadt Freiburg (1298/1299: Castrum Lanteke comes Fryburgensis atque cives pariter obsederunt, Annales Colmarienses maiores, MGH SS Bd. 17, S. 224). Die Belagerung blieb nach gängiger Auffassung erfolglos, aber sie hat doch mindestens den Geroldseckern den Verlust ihrer unter König Adolf erlangten Stellung im Breisgau so drastisch vor Augen geführt, daß sie die im Glanz ihrer neuen Bauten erstrahlende Burg um 1000 Mark Silbers Hals über Kopf an die Freiburger Johanniter veräußerten (Hefele FrUB Bd. 2, Nr. 288). Kurz darauf, am 4. April 1300, tauschte der Ritter und mehrmalige Freiburger Bür-
abb. 128 luftbild
128 Luftbild der Burg Landeck von O 1988 (LDA).

 
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germeister Johann Snewlin seinen Hof in Schliengen gegen die bürge ze Landegge die oberun und die niderun und den teil des stettelins (Hefele FrUB Bd. 2, Nr. 289, S. 362).
  Es war der erwähnte Heinrich von Geroldseck, einstmaliger Landvogt von nassauischen Gnaden, der die Landeck an die Johanniter verkaufte, aber er verstieß mit diesem Verkauf gegen einen Vertrag mit seinem Bruder Walter vom Jahre 1299. Nachdem sich Landeck seit 1277 im Besitz der beiden Brüder befunden hatte, verwickelten sich diese 1299 offenbar in Streit und teilten ihr Erbe. Dabei verpflichtete sich Heinrich, daß er die Burg, falls er sie eines Tages aufgeben müsse, zuerst seinem Bruder Walter anzubieten habe (Reinhard, Nr. VII, S. 40 ff.). Walter von Geroldseck ging deshalb in der Folgezeit gegen die Johanniter und die Snewlin vor, um seine Ansprüche durchzusetzen. In diesen Zusammenhang gehört sicherlich die Fehde zwischen Walter von Geroldseck und Johann Snewlin von Freiburg, von der eine Urkunde vom Jahre 1301 zu berichten weiß (Hefele FrUB Bd. 2, Nr. 288, S. 360; Nehlsen, Snewlin, S. 73). Die Burg wird zwar nicht ausdrücklich erwähnt, doch deutet alles darauf hin, daß sich die dort vereinbarte Sühne auf den Streit um Landeck bezieht. Auch in den permanenten Ausein-andersetzungen zwischen Graf Egen und der Stadt Freiburg scheint Landeck dann noch eine Rolle gespielt zu haben, denn ein unda¬tierter Sühnebrief berichtet davon, die Frei¬burger hätten dem Grafen das Dorf Teningen verbrannt und Waffen und Rüstungen auf die Burg gebracht (Allgeier, S. 121).
  Mit dem Tauschgeschäft im Jahre 1300 begann die snewlinsche Herrschaft auf Landeck, oder, genauer gesagt: die Herrschaft des Landecker Zweiges dieser ritterbürtigen Freiburger Patrizierfamilie. Die Snewlin hatten schon während des 13.Jhs. eine den ganzen Breisgau umgreifende Erwerbspolitik betrieben. Um 1300 verfügten sie über zahlreiche Höfe in der Freiburger Bucht, am Kaiserstuhl und im Bereich des Dinkelbergs, so z. B. in Oberried, Bischoffingen, Wiehre, Umkirch, Herdern, Riehen, Inzlingen und Weil, und vielleicht auch schon über Güter im Umkreis der Landeck. Als Verbindungsglied zwischen den Besitzschwerpunkten der Familie fungierte der große Widemhof in Schliengen, zu dem das Patronatsrecht
  über die dortige Pfarrkirche gehörte. Das Tauschgeschäft mit Landeck gab den Auftakt zum Erwerb einer Reihe von Breisgauer Burgen bzw. Rechten an solchen im Verlauf des 14. Jhs. Bereits 1291 verfügten sie über Rechte an der Birchiburg an der Möhlin, dazu kamen Landeck (1300), das feste Haus in (→) Bollschweil (1303), die Wiesneck (1318; →Buchenbach), das Weiher-haus (Wiger) in (→) Emmendingen (1323), die (→) Zähringer Burg (1327), drei Viertel der Falkenstein im Höllental (1328; →Breitnau) sowie die Burg (→) Keppenbach (1350). In der Forschung ist daher die Vermutung aufgekommen, bei dem Tausch zwischen Johannitern und Johann Snewlin habe es sich um »ein von langer Hand sorgfältig vorbereitetes Geschäft« gehandelt (Allgeier, S. 121).
  In der Zeit der snewlinschen Herrschaft verlor die Landeck allmählich ihren einstmals hohen strategischen Wert und ihre politische Bedeutung, die ihr während des Interregnums und im späten 13. Jh. in den Auseinandersetzungen der Dynasten am Oberrhein um die Vorherrschaft im Breisgau zweifellos zukam. Hanmann Snewlin von Landeck teilte die Burg gegen Ende des 14. Jhs. und verpfändete die halbe Feste, die nidere bürg, seinem Vetter Heinrich von Wiesneck. Die obere Burg mit dem Turm behielt er sich selbst vor. 1489 erscheint Landeck unter Markgraf Christoph I. als Lehen des Hauses Baden, und 1511 verkaufte Sebastian Snewlin von Landeck die Burg samt Zubehör an den Markgrafen. Seit ihrer Verbrennung 1525 im Bauernkrieg ist die Landeck Ruine.
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AZ/RDZ
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aus: Alfons Zettler, Regina Dennig-Zettler, Landeck, EM, in: Die Burgen im mittelalterlichen Breisgau I. Nördlicher Teil, Halbband L-Z, hg. von Alfons Zettler und Thomas Zotz (Archäologie und Geschichte Bd. 15), Ostfildern 2006, S. 257-271.
Burgen im mittelalterlichen Breisgau

Burg Sponeck

Burg Sponeck, bei Jechtingen am Kaiserstuhl, Emmendingen

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